"Digital Overload" – digitale Erschöpfung in der Schule
- Marc Haunschild

- 1. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Tablets im Unterricht, Gruppenarbeiten via Teams, Hausaufgaben über Lernplattformen – und danach noch schnell ein paar Reels schauen oder Nachrichten checken. Für viele junge Menschen ist der Alltag heute ein einziger Strom aus Bildschirmen, Notifications und Reizüberflutung. Was als Fortschritt begann, bringt inzwischen eine neue Herausforderung mit sich: Digitale Erschöpfung.
Zwischen Nutzen und Nebenwirkung
Digitale Medien haben unbestritten ihren Platz im Unterricht gefunden. Sie ermöglichen kreative Lernformen, fördern Selbstständigkeit und bieten schnellen Zugriff auf Wissen. Doch mit der ständigen Verfügbarkeit geht auch eine stetige Erreichbarkeit einher – und ein wachsender Druck, „mitzukommen“.
Viele Schüler:innen (und nicht wenige Lehrkräfte) berichten inzwischen von ständiger Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und einem Gefühl innerer Unruhe. Der Kopf ist voll, aber der Fokus fehlt. Besonders auffällig: Der Übergang von Schule zu Freizeit wird immer fließender – statt abzuschalten, wird weitergescrollt.
Was genau ist digitale Erschöpfung?
Digitale Erschöpfung (Digital Fatigue) beschreibt einen mentalen Zustand von Überforderung, verursacht durch den übermäßigen Gebrauch digitaler Medien. Anders als bei klassischem Stress kommt es hier nicht nur zur Reizüberflutung, sondern auch zu einer sozialen und emotionalen Abnutzung: Immer verfügbar sein, ständig reagieren, keine echten Pausen mehr erleben.
Betroffen sind nicht nur Schüler:innen, sondern auch Pädagog:innen. Online-Elterngespräche, digitale Konferenzen, Unterrichtsvorbereitung am Bildschirm – der Arbeitstag endet oft nicht mehr in der Schule.
Was können Schulen tun?
Ein bewusster Umgang mit digitalen Medien beginnt nicht mit einem Verbot, sondern mit Haltung. Die Frage ist nicht ob, sondern wie wir digital arbeiten wollen.
Digitale Balance im Unterricht fördern: Zeiten ohne Bildschirm, z. B. bewusste Phasen für analoges Arbeiten oder kreative Reflexion.
Digitale Kompetenz lehren: Schüler:innen benötigen Medienbildung – nicht nur technisch, sondern auch emotional und sozial.
Entschleunigung als Lernziel: Ruhe, Reflexion und Nichtstun dürfen (wieder) Platz haben – auch im Schulalltag.
Coaching für digitale Resilienz
In der pädagogischen Beratung erleben wir immer öfter junge Menschen, die sich leer fühlen – obwohl sie ständig beschäftigt sind. Hier setzt Coaching an: nicht mit weiteren Tipps zur Effizienz, sondern mit Impulsen zur inneren Klarheit. Wer sich selbst spürt, kann auch besser entscheiden, was ihm guttut – digital wie analog.
Ein Plädoyer für digitalen Mut zur Pause
Technologie soll unser Lernen bereichern, nicht unseren Kopf besetzen. Es ist Zeit, dass wir Schüler:innen nicht nur beibringen, wie man Informationen findet – sondern auch, wie man zur Ruhe kommt. Pausen sind kein Stillstand. Sie sind Voraussetzung für Entwicklung.



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